Sunday, May 28, 2006

Vom Biegen und Brechen - Mein 4. NRZ Artikel

Christchurch. Neuseeland ist ein Land mit vielen Facetten, von denen ich schon einige erkundet habe. Doch ebenso facettenreich ist das, was die Neuseeländer unter dem Begriff „Stadt“ verstehen. Einer meiner letzten Ausflüge führte mich und eine Gruppe anderer internationaler Studenten der University of Canterbury in den Ort Kaikoura zum Whale Watching. Die Beobachtung von Walen in freier Wildbahn von einem kleinen Boot aus ist ein lang gehegter Traum von mir. An einem Samstagmorgen brachen wir um sieben Uhr (ich erinnere daran, dass wir alle Studenten sind!) in einem klapprigen Bus nach Kaikoura auf, einer „Stadt“, die in jedem Reiseführer über Neuseeland wegen ihrer Möglichkeiten zur Wal-, Delphin- und Robbenbeobachtung angepriesen wird.
Der Ausflug war auf zwei Tage angelegt, weswegen ich und meine Mitstreiter davon ausgingen, dass es in Kaikoura auch genug geben könnte, womit man diese zwei Tage füllen könnte. Als wir das kleine Örtchen erreichten (beim ersten Blick war uns klar, dass die Benennung Stadt mehr als übertrieben war) wurde unser Enthusiasmus ein gedämpft. Außer unserer Herberge, einer kleinen Forschungsstation der biologischen Fakultät der University of Canterbury, säumten vier oder fünf Cafés, Restaurants und ein Supermarkt die Hauptstraße. Da die „Stadt“ nicht viel zu bieten hatte, machten wir uns auf den Weg zu einer der drei angrenzenden Robbenkolonien, wo einige der bis zu zweieinhalb Meter großen Tiere in der Sonne dösten und uns gekonnt ignorierten. Auf den braunen Felsen am Meer waren die schlafenden Säuger so schwer von ihrer Umgebung zu unterscheiden, dass Clara, eine junge Amerikanerin, beinahe auf eine Robbe getreten wäre. Dieses spezielle Exemplar demonstrierte mit einer unglaublich schnellen Bewegung und einem lauten Brüllen, dass man sich wilden Tieren unter keinen Umständen nähern sollte. Clara ist mit einem Schrecken davon gekommen, die Robbe mit einer kleinen Unterbrechung ihrer Mittagspause. Den Rest unseres ersten Tages verbrachten wir damit, in der Sonne zu liegen und um zehn Uhr gingen wir zu Bett (ich möchte wieder darauf hinweisen, dass wir Studenten sind!). Früh am nächsten Morgen machten wir uns aufgeregt und ausgeschlafen auf den Weg zur Whale Watch Station, wo wir unseren Katamaran „Wheketere“ bestiegen nachdem uns freundlicherweise Mittel gegen Seekrankheit angeboten wurden. Ein kleiner Tipp an dieser Stelle: Wenn man, wie ich, vom Niederrhein kommt, sich also nicht wirklich einem Seevolk zugehörig fühlen kann und sich die bisherige See-Erfahrung aus großen Fähren besteht – man sollte seine eingebildete Seetüchtigkeit hinunter schlucken, zusammen mit einer Ingwer-Pille gegen Übelkeit. Was ich in meinem jugendlichen Leichtsinn natürlich versäumt habe. Als unser Kapitän die Leinen gelöst hatte und das offene Meer ansteuerte, schob ich das seltsame Gefühl in meiner Magengegend zunächst auf die Vorfreude, endlich einen großen Wal in Natura zu erleben. Doch nachdem wir den ersten Pottwal gesichtet, fotografiert und beim Abtauchen beobachtet hatten und das Boot wieder Fahrt aufnahm, nahm unglücklicherweise auch mein Frühstück wieder Fahrt auf. Wie sich zeigte hatte die Mannschaft der Whale Watching Station einige Erfahrungen mit Touristen wie mir, deren feste Überzeugung, ein wenig Geschaukel auf See könne ja nicht so schlimm sein ins Wanken geraten war. Die Einzelheiten meiner Seekrankheit möchte ich den Lesern dieses Artikels lieber ersparen. Alles was ich dazu sagen kann ist folgendes: Kleine weiße Tüten sind ungemein praktisch und ich war noch nie so froh wieder festen Boden unter meinen Füßen zu haben. Trotz meiner Seekrankheit war der Trip eine Erfahrung, die ich auf keinen Fall missen möchte. Neben zwei Pottwalen haben wir eine etwa 50 Tiere starke Schule von Dusty Delphinen und Albatrosse mit einer Flügelspannweite von bis zu eineinhalb Metern gesehen. Zu Land, wie zu Wasser – aufregende Erlebnisse warten überall in Neuseeland auf diejenigen, die sie suchen. (aenne)

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